Im Mai 2015 bin ich mit meinem Nachbarn Christian und meinem alten Schulfreund Helmut für zwei Wochen nach Bolivien geflogen. Wir hatten in der Zeit eine Unterkunft bei meiner Tante in La Paz. Im Vorfeld hatten wir schon zwei Touren bei MotorcycleToursBolivia (MTB) gebucht. Beide Touren waren jeweils für 5 Tage geplant. In La Paz angekommen waren wir erstmal platt. Der lange Flug von München über Madrid und Miami nach La Paz (El Alto) war einfach anstrengend. Die fehlende Nacht und die Höhe bewirkten, dass wir erstmal dringend Schlaf brauchten. Trotzdem haben wir uns erstmal aufgemacht und sind zur Plaza Murillo gegangen, wo gerade eine große Parade war. Die Soldaten spielten mit großer Freude Blasmusik und jeder irgendwie anders. Das war ein Riesenspaß. Wir bemerkten, dass Bolivien und Bayern doch viel gemeinsam haben. Die große Uhr am Palast geht, wie in Bayern, andersrum.
Tour 1:
Die erste Tour wurde unter dem Namen Gold-Tour angeboten. Pünktlich, wie ausgemacht, wurden wir bei meiner Tante von einem Taxi abgeholt und zur Niederlassung von MTB in La Paz - Mallassa gebracht. Roberto Carlos Guerrero betreibt hier eine Werkstatt und seine Tour-Organisation. Freundlich wurden wir empfangen und zu unserem Erstaunen arbeitet hier nun auch Gert, ein Deutscher, der seit vielen Jahren in La Paz wohnt. Wir übernahmen drei perfekt vorbereitete Motorräder, zwei Honda XR400 und eine Suzuki DR650, genau wie geplant. Unser Tourguide Tito war ein Bolivianer mit deutlich indigenem Einschlag. Er sprach Spanisch und auch etwas Englisch, war ein super Mechaniker und kannte sich in den Gegenden, die wir besucht haben, immer perfekt aus. Die Unterkünfte waren im Rahmen des Möglichen sehr gut (für bolivianische Verhältnisse). Auch die von Tito ausgesuchten Lunch-Stops waren immer prima. Die 5 Tage der Tour verliefen wir folgt:
Tag 1:
Abholung der Motorräder, Fahrt über kleine und verkehrsarme Straßen nach El Alto, von dort über kleine Straßen, teilweise Schotter zum Titicaca-See. Dort gabs ein prima Mittagessen mit Fisch aus dem See und direkt am See. Bis dahin war die Landschaft sehr eben, aber umrahmt von vielen Bergen mit mindestens 5000m. Von da aus sind wir über einen Pass mit rund 4800m nach Sorata gefahren, wo wir direkt an der Plaza in einem Hotel übernachtet haben. Ab dem Pass war dann die Landschaft durchwegs bergig und wir fuhren eigentlich immer an Bergabhängen entlang. Wenn wir nicht in den Wolken waren, gabs auch immer herrliche Aussichten.
Tag 2:
Der zweite Tag war ein sehr langer Tag. Es ging bergauf und bergab. Teilweise fuhren wir in den Wolken, teilweise über den Wolken. Immer aber fuhren wir über teilweise abenteuerliche Pisten mal stark ausgesetzt am Berghang, mal tief unten im Tal, mal im Urwald, mal im Hochgebirge. Unser Ziel war Santa Rosa, was noch nichtmal auf allen Karten drauf war. Es war ein unheimlich abwechslungsreicher Tag, an dem wir schon in der Dunkelheit in Santa Rosa ankammen. In Consata, was eigentlich als Tagesziel angegeben wurde, gab es keine Übernachtungsmöglichkeit mehr, aber dafür Sprit. Tito kannte jemand, der ein paar Kanister voll hatte. Von da aus hatten wir noch ein paar Erdrutsche zu passieren, oben rieselte es bereits, was weitere Erdrutsche ankündigte. Da mussten wir schauen, dass wir weiterkamen. Das Hotel Judith in Santa Rosa war das beste Haus am Platz. Eine Dusche für das ganze Hotel, eine Toilette und Betten, die mehr an eine Hängematte erinnerten. Wir haben trotzdem prima geschlafen.
Tag 3:
Von Santa Rosa sind wir dann über Mapiri nach Guanay gefahren. Die Straßen wurden immer besser, wobei es im Urwald auch immer wieder kleiner Flußdurchfahrten gab. Eine Wahnsinnslandschaft. In Guanay war dann das nächste Hotel. Ansich war das ganz schön. Die Elektroinstallation im Bad wäre aber ausreichend gewesen um jeden hiesigen Elektriker ins Grab zu bringen. Alleine der Anblicke hätte gereicht um ihm einen Schlag zu versetzen. Die Warmwasseraufbereitung war ein Durchlauferhitzer im Duschkopf. Dieser war über zwei offen verdrillte unisolierte Drähte ans 220V Netz angeschlossen. Guanay ist eine vergleichsweise schöne Kleinstadt, die vom Abbau von Bodenschätzen (vor allem Gold) in der Region lebt.
Tag 4:
Tito war an diesem Morgen etwas verschlafen. Seine Zimmernachbarn hatten offensichtlich viel Spaß und das sehr lautstark. Wir sind dann nach dem Frühstück trotzdem aufgebrochen um von Guanay über zum Teil sehr staubige Straßen zunächst nach Caranavi zu fahren. Die Straße geht immer entlang des Rio Coroico durch die Yungas, den Urwald am Fuße des Andenhauptkamms. Von da aus gings dann auf teilweise sogar geteerten Straßen vorbei an vielen Erdrutschen und über zum Teil in den Fels gehauene Strecken nach Coroico. Die Stadt ist ein touristisch interessanter Ort. Es hat ein angenehmes Klima und von unserem Hotel aus (Hotel Esmeralda) hat man einen atemberaubenden Blick übers Tal und auf den Camino de la muerte. Das Hotel ist an sich ein traumhaftes Hotel, das aber leider extrem heruntergekommen ist.
Tag 5:
Dieser Tag stand im Zeichen des camino de la muerte, der Straße des Todes. Die Straße ist im Prinzip von der Gefährlichkeit nichts Besonderes in Bolivien, aber sie ist schon wunderschön. Es gibt aber schon extrem ausgestzte und schmale Stellen. Problematisch auf der Straße ist aber der Verkehr. Es kommt einem schon mal ein Omnibus oder ein großer Lastwagen entgegen. Eigentlich gibt es ja eine neue geteerte Straße auf neuer Trasse, doch die war, als wir da waren, wegen einem größeren Erdrutsch gesperrt. Man sagt, es gibt dort keine schlechten Autofahrer, die seien bereits abgestürzt. Dass dies nicht ganz von der Hand zu weisen ist, zeigt dieses Video und die überall presenten Kreuze am Wegesrand. Mit dem Motorrad war das aber alles kein Problem und wir konnten die Straße einfach nur geniessen. Über die Cumbre, ein Pass mit 4700m, und eine kleine Piste sind wir dann vorbei am Verkehrsgewühl wieder nach La Paz - Mallassa gekommen, wo wir die Motorräder super dreckig wieder abgegeben haben. Tito hatte sich jedenfalls ein Trinkgeld verdient.
Nach unserer Rückkehr nach La Paz mussten wir schon genau nachdenken, um uns an alles erinnern zu können, was wir alles erlebt hatten. Die Tour war so wahnsinnig vielseitig und so viele Eindrücke waren auf uns eingestürmt, dass die Fotos uns echt geholfen haben und noch an alles zu erinnern. Wir haben das Altiplano durchfahren, sind über hohe Pässe gefahren, durch tiefe Täler, sind über Straßen gefahren, die sich eng an steile Abhänge schmiegten und mitten durch den Urwald. Wir sind durch Flüsse gefahren, mussten Errutsche passiern und staubige Straßen. Wir hatten grandiose Ausblicke aber auch nebelverhangenen Regen. Wir haben in urigen Unterkünften übernachtet aber auch in einem schönen Hotel. Wir haben bei Indios im Urwald gegessen und viele nette Leute getroffen - und es ist alles gut gegangen und niemand hatte ein erstes Problem.
An unserem Ruhetag sind wir dann mit einem Taxi nach Tiahuanaco gefahren und haben uns die Ausgrabungen aus der Prä-Inka-Zeit angesehen.
Tour 2:
Wir sind dann von La Paz nach Uyuni geflogen und sind dort von Robin vom Flughafen abgeholt worden. In seiner Werkstatt haben wir dann die Motorräder für die Hochlandtour in Empfang genommen, wieder eine DR650 und zwei XR400. Diesmal waren die Motorräder nicht so ganz perfekt vorbereitet. Die DR sprang nicht an, es war wohl der Benzinhahn und das Zündschloß kaputt. Die XR's waren im prinzip OK , aber in deutlich schlechterem Zustand als die XR's in La Paz. Die Nutzung auf dem Salar zollt wohl doch ihren Tribut. Ausserdem sind Engländer ja nicht für ihre Qualitätsdenke bekannt, bolivianische Qualität ist da offensichtlich besser.
Tag 1:
Nachem in der Werkstatt in Uyuni nun alle Motorräder liefen, sind wir zunächst mal auf die Hügel (4300m) im Hinterland von Uyuni gefahren. Es ging zunächst durch ein Flußtal, wo Robin erstmal sein Motorrad vergraben hat. Schließlich ging es über eine sandige und steinige Piste auf einen kleinen Berg, von wo aus wir eine grandiose Aussicht auf den Salar hatten. Von da aus sind wir nach Colchani gefahren, wo es auf den Salar ging. Nun hieß es Vollgas und geradeaus über den Salar zur Insel Inkahuasi. Hier konnten wir nach einer kurzen Wanderung über die Insel Lamasteak geniessen. Die uralten Kakteen auf der Insel sind schon beeindruckend. Von der Insel sind wir dann in Richtung Süden gefahren, wo wir den Salar schliesslich in Richtung San Juan verlassen haben. Schon in der Dämmerung sind wir dann in unserer Unterkunft angekommen. Die Unterkunft war, wie fast alle in Bolivien ungeheizt und sehr karg ausgestattet. In den Zimmern waren nur zwei Betten, noch nicht mal ein Haken an der Wand um sein Zeug aufzuhängen und der Boden war mit Salz bedeckt. Der warme Schlafsack war eine echte Wohltat in der Nacht.
Tag 2:
Morgens um 7°° war es dann in San Juan so kalt, dass zunächst mal die beiden DRs nicht angesprungen sind. Und bei den XRs wars auch nicht einfach die Motoren anzukicken. Das mussten wir aber, da wir erstmal Sprit besorgen mussten und die Indianerin, die noch ein paar Kanister hatte, wollte um 8°° weg. Tanken auf Bolivianisch war also Spritkanister mit einer abgeschnittenen Cola-Flasche in die Tanks schütten. Nachdem wir gefrühstückt hatten sprangen die in der Sonne geparkten Motorräder dann auch einwandfrei an. Wir fuhren zunächst über einen weiteren Salzsee in Richtung Süden, hatten dabei super Aussichten auf diverse erloschene und nicht ganz so erloschene Vulkane und erreichten schliesslich über teilweise steinige, teilweise sehr sandige Pisten die Laguna verde, die, wie der Name schon sagt, grün schimmerte. Nach einem kleinen Mittagessen in der Küche bei einer Indianerin, fuhren wir vorbei an einer anderen Lagune zur Laguna Colorada in den Eduardo Abaroa Nationalpark. Hier übernachteten wir dann in einem der kleinen Gasthäuser, was im prinzip eine größere unbeheizte Lehmziegelhütte war. Wir hatten da zusammen mit unserem Guide Robin ein 4-Bett-Zimmer, ganz landestypisch ohne jegliche weitere Ausstattung. Zum Abendessen gabs dann Spaghetti Bolgnese. Der Tag war fahrerisch nicht ganz ohne, da hier neben den schwierigen Pistenverhälnissen auch noch die Höhe (bis 4700m) und der starke Verkehr mit jede Menge Geländewägen für Unmengen an Staub sorgten.
Tag 3:
Nachdem der Helmut wegen einem schon einige Tage andauernden Durchfall doch etwas geschwächt war und die folgenden Tage versprachen noch härter zu werden, haben wir beschlossen am 3. Tag nach Uyuni zurückzufahren. Das waren zwar auch 280km, doch diese waren auf deutlich besseren Straßen. Deutlich besser heisst jedoch zumindest auf der ersten Hälfte immer noch tiefer Sand und Wellblech, aber eben nicht große Felsbrocken. Landschaftlich war diese Strecke aber lange nicht so interessant, wie die ersten zwei Tage. Ein Highlight war natürlich morgens die Laguna Colorada mit ihren vielen Flamingos und den Llamas, die überall waren. Am Ende gabs dann noch 100km Hauptstraße, die aber auch nur sehr rudimentär geteert war. Es fuhren aber auch viele LKWs und die zu überholen war zum Teil echter Blindflug in riesigen Staubwolken. In San Cristóbal wollten wir eigentlich tanken, doch "no hai gasolina" bedeutete, wir schütteten Sprit aus dem großen Tank der XR400 in die DR650. So kamen wir problemlos bis Uyuni, wo es wieder Sprit gab.
Tag 4 und 5:
Die Tage vorher hatten richtig viel Staub, Wellblech und Steine. Wir hatten insofern beschlossen die Motorräder in Robins Werkstatt zu lassen und sind mit Robin in seinem Land Cruiser auf perfekt ausgebauter Teerstraße nach Potosi gefahren. Christian meinte nur, "saublöd, dass ich meine Buell nicht dabei hab". In der Tat, die Straße war perfekt geteert und die Kurvenradien hätten viel Laune gemacht mit seiner Buell, aber sicher auch mit meiner BMW. So hatten wir einen super gemütlichen Tag auf dem Weg nach Potosi und konnten die abwechslungsreiche Landschaft geniessen. Kurz nach Uyuni besuchten wir noch die Minenstadt Pulacayo, wo es auch noch ein Eisenbahnmuseum aber keine Eisenbahn mehr gibt. Von Potossi aus sind wir dann zunächst mal zum Ojo del Inca gefahren. Das ist ein erloschener Vulkankegel, der mit Wasser vollgelaufen ist. Der kleine kreisrunde See ist etwa 35°C warm und es macht richtig Spaß darin zu suhlen. Der See ist oberhalb von Tarapaya, etwa 19km vom Ortsausgang von Potosi. Die Straße nach Tarapaya zweigt hier von der Panamericana, also der Straße Potosi - Oruro. Zum See kommt man über eine kleine Straße, die etwa 300m vor dem Parkplatz bei Tarapaya abzweigt und über eine kleine Brücke und dann den Berg rauf führt. Am See ist auch ein kleiner Campingplatz. Nachdem wir uns am See etwas erholt hatten sind wir wieder nach Potosi zurückgefahren und haben in einem Hostel übernachtet. In unserem Zimmer war es superfeucht, nachdem das Dach undicht war. Obwohl es draussen nicht geregnet hat, hat es literweise reingetropft. Es war auch dadurch saukalt im Zimmer und auch beim Frühstück war es mächtig kalt. Heizung wie immer Fehlanzeige. Die anderen Touris im Hostel sind dann ins Bergwerk gegangen, was wir aufgrund er Einsturzgefahr und der mangelnden Sicherheit im Cerro Rico (reicher Berg - hier wird seit langem Silber abgebaut) besser haben bleiben lassen. Von Potosi aus sind wird dann die gleiche Straße wieder nach Uyuni zurück gefahren und dort haben wir dann noch den Eisenbahnfriedhof besucht. Hier rosten zahlreiche alte Dampfloks und auch ein paar alte Wagons vor sich hin. Unser Hotel in Uyuni war ein ein totaler Neubau, aber eben in bolivianischer Bauwiese ohne Heizung, Isolation oder dichten Fenstern. Helmut maß in der Früh in seinem Zimmer 5,8°C. Eigentlich unverständlich in einer Gegend, wo man jede Menge Sonne und Wind hat und insofern quasi kostenlos für Wärme sorgen könnte.
Auch wenn wir nicht die komplette Lagunenroute gefahren sind, so hatten wir doch unglaubliche Eindrücke sammeln können. Wir sind als absolutes Highlight über den Salar de Uyuni gefahren, vorbei an Vulkanen, durch die Wüste vorbei an farbig schillernden Lagunen. Wir sind in dieser lebensfeindlichen auf Flamingos und auf Llamas getroffen. Aber alleine die Farben dieser Landschaften haben uns tief beeindruckt.
Von Uyuni aus sind wir dann wieder nach La Paz geflogen. Als wir am Flughafen in Uyuni ankamen, hatten wir Glück, dass nicht zugesperrt war. Wir waren komplett alleine in Flughafen.
In La Paz angekommen machten wir uns dann auf noch ein bißchen die Stadt zu erkunden. Am Ende sind wir dann noch mit der Seilbahnnach El Alto gefahren. Dabei hat man eine grandiose Aussicht auf die Stadt. Die Seilbahn ist übrigens quasi baugleich mit der Seilbahn von Garmisch auf das Kreuzeck und wurde der österreichischen Firma Doppelmayr gebaut.
Die meisten Bilder auf dieser Seite stammen übrigens vom Christian. Neben dem kurzen Video über die Dead Road auf youtube gibt es noch zwei Videos, die wegen der dort verwendeten Musik nicht auf Youtube gestellt werden dürfen. Wer diese sehen will, kann mich gerne kontaktieren.
Unser Heimflug von La Paz über Santa Cruz, Miami und London nach München hat prima geklappt, wengleich wir dann doch ziemlich am Ende waren. Schliesslich sind wir am Sonntag in der Früh um 3°° aufgestanden um schliesslich um halb vier am nächsten Tag in München zu landen.